Zaubershow online – Magie im Livestream mit Zoom und Co
Seit Corona die Künstlerszene lahm legt, lautet die neue Geschäftsidee vieler Kollegen: Zaubershow online. Magie per Livestream direkt ins Büro oder das heimische Wohnzimmer. Die Meinungen zu diesem Thema spalten die Zauberwelt. Die einen finden, man muss sich und sein Angebot entsprechend anpassen. Andere hingegen weigern sich, die Kunst dadurch zu verwässern und nicht angemessen zu präsentieren.
Die Zaubershow im Stream – klappt das überhaupt?
An allererster Stelle steht wohl der finanzielle Aspekt. Seit dem Ausbruch von Covid-19 wurde uns Künstlern schlagartige der Geldhahn zugedreht. Kollegen müssen extreme Maßnahmen ergreifen, um über die Runden zu kommen.
Es geht hierbei um viele kleine Einzelunternehmer, nicht um Großkonzerne. Wer gestern noch nach Prognose seinen Jahresumsatz im hohen fünfstelligen Bereich ansiedeln konnte, steht heute schlagartig mittellos da. Rücklagen haben nur wenige, denn: Bis es läuft, läuft es schlecht. Der Weg zum Erfolg steht nirgendswo geschrieben. Zauberkünstler ist nun mal kein Ausbildungsberuf.
Wer das Künstlerleben bereits länger bestreitet, der kennt die Phasen ohne Aufträge. Kreativität und Durchhaltevermögen sind rund um die Uhr gefragt. Aber die Zaubershow online anzubieten, ob sich das lohnt?
Der iPad Magier Simon Pierro geht mit bestem Beispiel voran. Hochwertig, innovativ und absolut professionell produziert er ein digitales Erlebnis, welches nur wenige andere so abliefern könnten. Simon betritt hierbei jedoch eindeutig nicht neues Land. Der Fokus seiner Shows liegt seit geraumer Zeit auf der Verbindung von Technologie und Magie. Und das zeigt sich auch in seinem neuen Angebot.
Auch Jan Logemann in Hamburg war einer der ersten, der mit seinem Projekt #SAVETHEART die Zauberkunst im Livestream einer breiten Masse zugänglich machte. Er arbeitete dabei mit mehreren Kameras, Mikrofonen und sogar einer Regie. Das Zaubertheater des Magischen Zirkels Hamburg diente hier als perfekte Kulisse.
Erwähnen möchte ich auch den Weltmeister der Zauberkunst Marc Weide, der es vielen Standup Comedians gleich tut. Er präsentiert seine Shows im Autokino und lässt diese auf eine Leinwand projizieren.
Das große Problem am Streaming
Dass eine Zaubershow online grundsätzlich auch funktioniert, lässt sich an den oberen Beispielen gut erkennen. Jedoch sind nur wenige Zauberer in der Lage, ein so hohes Level an professioneller Übertragungstechnik aufzubringen. Ein schlechteres Setup wirkt schnell amateurhaft.
Auch stellt sich die Frage, wie viele Mitarbeiter nach einem langen Tag im Büro vor dem Computer Lust haben, weiterhin auf den Monitor zu starren.
Tischzauberer ohne live Publikum
Eine Bühnenshow online aufzuführen, ist die eine Sache. Anders sieht es mit den Tischzauberern und Close-up Magiern aus. Die größte Wirkung entfaltet die Zauberkunst meiner Meinung nach hautnah am Zuschauer. Ich selbst arbeite am liebsten in einem solchen Setting. Die künstliche Blockade der Bühne verschwindet, wenn man allen Zuschauern in die Augen sehen kann. Die Namen kennen lernt. Wenn diese Lachen, ein gemeinsames und persönliches Erlebnis in einer kleinen Gruppe teilen. Wenn die gesamte Aufmerksamkeit des Zauberkünstlers auf dieser besonderen kleinen Privatshow liegt.
Der Hamburger Zauberkünstler Christian Knudsen sagt es ganz richtig. Wenn er zaubert, kommuniziert es eigentlich. Magie ist pure Kommunikation. Und die Distanz der Bühne und vor allem des Bildschirms macht dies schwer und in manchen Fällen sogar unmöglich.
Wie sieht die Zukunft aus?
An diesem Punkt, kann ich natürlich nur meine Sicht der Dinge niederschreiben. Ich bin der Meinung, dass die Zaubershow online nur eine kurze Halbwertzeit haben wird. Magie lebt vom Live-Erlebnis. Ohne Veranstaltungen keine Zauberkunst. Am schlimmsten sind jedoch wirklich die immer mehr verbreiteten gratis Liveshows auf Instagram und weiteren online Plattformen. Manchmal ist es einfach sinniger, zurück zu halten. So etwas zerstört den Wert der Kunst.
Vielleicht ist es tatsächlich sinnvoll, das Angebot zurück zu ziehen. Und ich spreche die Zauberer an, die nicht in der Lage sind, Dinge wie Simon Pierro oder Jan Logemann zu leisten. Vielleicht sollte man das Publikum wieder hungrig machen. Und ihnen nicht den digitalen Teller mit Fastfood überfüllen. Wie und wie lange man das finanziell überleben soll? Vielleicht muss man sich aber auch einer neuen Form der Vorführung öffnen. Da fehlt auch einem Mentalisten die Antwort.